Faszinierendes Spiel mit dem Licht
Der Heilige Nikolaus ist der Schutzpatron der Glasmacher. Aber gegen
Corona hat auch er kein Mittel, und so warten wunderschöne Gefäße aus
Murano im Grassi Museum auf Besucher. Vorfreude auf die Ausstellung
macht der Katalog.
VON BIRGIT
GRIMM
Murano. Dieses Wort hat einen besonderen Klang. Die kleine Inselgruppe
in der Lagune von Venedig ist seit Jahrhunderten der Inbegriff für
außergewöhnliches Glas, für Glasmacherkunst auf höchstem Niveau. Aus
Brandschutzgründen wurden 1295 alle Glasöfen von Venedig auf diese
Inseln verlagert. Dort schien auch das streng gehütete Geheimnis der
Glasherstellung sicher. Den gut bezahlten Glasbläsern war es bei
Todesstrafe verboten, ihr Wissen auszuplaudern. Doch im 16. und 17.
Jahrhundert vertrauten einige auf ihren Schutzpatron, den Heiligen
Nikolaus, und flohen von der Insel. Nördlich der Alpen gründeten sie
eigene Glashütten und halfen Ludwig XIV. dabei, seinen Traum vom
Spiegelsaal in Versailles zu realisieren. Erst im 18. Jahrhundert wurde
die venezianische Vormachtstellung gebrochen. Glasmacher in Böhmen,
Schlesien und Sachsen gingen einen eigenen Weg und verzierten Gläser mit
feinsten, eingeritzten Motiven. Barockes Schnittglas kam schwer in Mode.
Doch genug der Geschichte. „Auch Zeitgenössisches aus Murano ist
kostbar, teuer, besonders: Wie sich das Licht bricht in diesen Gefäßen,
wie die Farben die Formen strahlen lassen, wie die Luftblasen so tun,
als ob munter Wasser in der Kanne perlt ...
Wie schön wäre es. könnte man dieses Spiel aus Farbe. Feuer und Licht
leibhaftig bewundern und sich im Dezembergrau davon verzaubern lassen.
Die Ausstellung im Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig wartete
seit vier Wochen auf Besucher. Zum ersten Mal wird in Sachsen
zeitgenössische Glaskunst aus Murano präsentiert. Aber aus bekannten
Gründen muss das Publikum mehr als nur musealen Sicherheitsabstand
halten. Museumsdirektor Olaf Thormann hofft. das Haus Anfang des neuen
Jahres öffnen zu dürfen: "Unser Hygienekonzept ist gut. Bei aller
Gesundheitsvorsorge sollte man nicht unterschätzen. dass Museen auch zum
seelischen Wohlbefinden der Menschen beitragen, die zu uns kommen. Unser
Haus ist ein Ort der Kommunikation und des Wohlfühlens."
Die Gläser aus Murano können vorerst nur auf exzellenten Fotos im
Ausstellungskatalog aus dem Dresdner Sandstein Verlag bewundert werden.
Vorgestellt werden die Glaskünstler und ihre Techniken. Gesammelt hat
die hochkarätigen Objekte der Berliner Lutz Holz. Die Dichte seiner
Kollektion sei auch für Forscher interessant, meint Thormann. "Es gibt
private Sammlungen, die sehr subjektiv sind. Aber Herr Holz sammelt aus
allen Etappen gleichwertig, sodass wir für unsere Ausstellung aus dem
Vollen schöpfen konnten.“ Ausgewählt hat das Grassi Arbeiten von zwei
bedeutenden Designern: Ercole Barovier, der Italiener lebte von 1889 bis
1974 und steht wie kein anderer für die Glaskunst des vorigen
Jahrhunderts. Der 1946 geborene Japaner Yoichi Ohira führt mit seinen
schlichten, strengen Formen die Tradition der Venezianer ins 21.
Jahrhundert. Zudem zeigen Architekten in der Galerie der TechneSphere
Leipzig GmbH in den ehemaligen Kirow-Werken ihre Liebe zum Glas.
Das Buch „Murano. Farbe. Licht. Feuer“ erschien im Sandstein Verlag; 156
S., 24 Euro.
Ausstellungen (evtl. ab 10. Januar) bis 15. August 2021.
Quelle: Sächsische Zeitung, Ausgabe Weißwasser, vom 05. Dezember 2020
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Blick in die Ausstellung
mit drei Flaschen von Ercole Barovier, auch die blaue Kanne, die
gelbe Schale und die bunte Vase sind Arbeiten des italienischen
Glaskünstlers. Die rot-grüne Vase entwarf der Japaner Yoichi Ohira
Fotos: MfAK (1); M. Adam (4) |
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