Ein klares Bekenntnis zum Glasmuseum Weißwasser gefordert
Der Förderverein wendet sich im Zuge der Haushaltsdiskussion mit einem
offenen Brief an Politiker.
VON RENATE WEISS
Dass möglicherweise das
Glasmuseum der Haushaltskonsolidierung von Weißwasser geopfert werden
könnte, erzürnt alle Mitglieder des Fördervereins Glasmuseum. Unter dem
Titel „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“, wendet sich
der Vereinsvorstand mit einem offenen Brief an die Stadträte von
Weißwasser, Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext), den
Bundestagsabgeordneten Thomas Jurk sowie die Landtagsabgeordneten Lothar
Bienst (CDU), Kathrin Kagelmann (die Linke) und Thomas Baum (SPD).
Hintergrund ist das Haushaltsstrukturkonzept für Weißwasser und die seit
geraumer Zeit geführte Diskussion darüber. Dabei geht es auch um
Einschnitte im freiwilligen Bereich bei den Stadtausgaben.
In dem Brief, der der RUNDSCHAU vorliegt, heißt es unter anderem: „Das
Glasmuseum Weißwasser ist heute das einzige seiner Art in Sachsen und
Teil der Route der Industriekultur. Freilich haben sich seit seiner
Eröffnung 1996 die Ansprüche an Museen stark verändert. Für die
gesellschaftliche Relevanz des Glasmuseums bedeutet das, dass es eine
Entwicklung seiner Inhalte und deren Präsentation geben muss.“ Diese
Aufgabe geht das Glasmuseum sukzessive an, schreibt der Vorstand. So
wurde im zurückliegenden Jahr ein Entwicklungskonzept verfasst, das nun
gemeinsam mit Kooperationspartnern aus Wirtschaft, Stadtgesellschaft und
Forschung umgesetzt werden soll. Planungen für das Jahr der
Industriekultur in Sachsen 2020 stehen an.
„Um jedoch eine Handlungsgrundlage für die zukünftige Museumsarbeit zu
haben, fordern wir ein klares Bekenntnis der Politik für das dauerhafte
Bestehen des Glasmuseums Weißwasser“, heißt es weiter. Gleiches gelte
für alle anderen bestehenden Kultur-, Sport- und Erholungseinrichtungen
der Stadt. „Wir schließen uns damit Gabi Nitsches Fazit ,Nicht nur in
Großstädten wie Dresden haben Menschen ein Recht auf Lebensqualität.’ in
der Lausitzer Rundschau vom 8. Februar an.“
Die Frage, die die Mitglieder des Vorstandes an die Adressaten ihres
Briefes richten, lautet: „Hat man vergessen, dass Weißwasser durch die
Glasindustrie erst zur Stadt wurde?“ In Hochzeiten waren in elf
Glaswerken und weiterverarbeitenden Unternehmen tausende Menschen
beschäftigt. Bedingt durch die marktwirtschaftlichen Konzentrations- und
Verdrängungsprozesse und das nicht immer glückliche Agieren der Treuhand
nach der politischen Wende sei die ehemals in Weißwasser und der Region
Struktur bestimmende Glasindustrie auf ein Maß geschrumpft, die sie
gerade noch erkennbar mache. „Tausende wurden in die Arbeitslosigkeit
entlassen mit den bekannten Auswirkungen auf das tägliche Leben und die
Psyche dieser Menschen. Als nicht messbare, aber dennoch schwerwiegende
Größe stellte sich bei ihnen ein allgemeiner ,Phantomschmerz’ ein. Sie
hatten zwar kein Körperteil, wohl aber ihre Arbeitswelt verloren. Die
Arbeitsstätten waren zu leer stehenden Hallen, Ruinen oder
Trümmerfeldern geworden. Die Identität dieser Menschen litt, weil
Wurzeln und Traditionen negative Beurteilungen erhielten“, heißt es
weiter.
Hier setzten die Überlegungen des 1993 gegründeten Fördervereins
Glasmuseum an, bei den ehemals hier Beschäftigten wieder den Stolz auf
die damals 120 Jahre Glasindustriegeschichte in Weißwasser zu wecken.
Als Vereinszweck wurde in der Satzung festgelegt, den Besuchern die
Herstellung des Glases und der Glaserzeugnisse in den verschiedenen
Epochen in Weißwasser in einem Museum nahe zu bringen.
1996 wurde anlässlich der Festwoche 444 Jahre Ersterwähnung Weißwasser
ein funktionsfähiges Glasmuseum vom Förderverein offiziell an die Stadt
übergeben. Für den Umbau der Gelsdorf-Villa zum Museum wurden von den
Mitgliedern des Vereins rund 40 000 Stunden ehrenamtliche Arbeit
geleistet, wird erinnert. Die fachliche Betreuung des Glasmuseums
geschieht auch heute noch durch die aktiven Mitglieder des Fördervereins
– selbstverständlich ehrenamtlich.
Quelle:
Lausitzer Rundschau, Ausgabe Weißwasser, vom 24.02.2018
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