Photovoltaik soll
auf die Bärenhütte
Für das alte Glaswerk-Gelände in Weißwasser gibt es einen
Kaufinteressenten. Der Stadtrat befürwortet tendenziell sein Vorhaben.
Ob das jedoch machbar ist, muss ein Verfahren erst noch zeigen.
Von Christian Köhler
Die Zeiten, als vom
Gelände der Bärenhütte in Weißwasser hunderte Mitarbeiter nach der
Schicht nach Hause strömen, ist längst Geschichte. Schon vor Jahren,
2006, sind die Gebäude auf dem Betriebsgelände abgerissen und einstige
Glasarbeiter weggezogen. Im Zuge der Privatisierung nach der Wende hat
es mehrere Eigentümerwechsel des Glaswerkes sowie des Grundstückes
gegeben bis es letztlich nach dessen Abriss in die Hände einer
bulgarischen Firma gekommen war.
Eigentümer sichert Gelände der Bärenhütte nicht
Mehrmals ist vonseiten der Stadt versucht worden, mit den Eigentümern in
Kontakt zu treten. Zuletzt, wie Weißwassers Oberbürgermeister Torsten
Pötzsch (Klartext) berichtet, in diesem Jahr. „Es gibt offene
Forderungen gegen den Eigentümer der Fläche“, erklärt er. Die Bulgaren
seien ihrer Sicherungspflicht nicht nachgekommen, was schlussendlich die
Stadt übernommen hatte – auch mit der Angst, „dass das Beispiel in
Weißwasser für andere Flächen Schule macht“, wie der OB erklärt. Einer
entsprechenden Zahlungsaufforderung des Rathauses sei der Eigentümer
bislang nicht nachgekommen. „Wir dürfen derzeit kommunalrechtlich die
Flächen auch nicht erwerben“, so Pötzsch, „selbst wenn wir das Geld dazu
hätten.“
Bereits in der Vergangenheit seien mehrere Versuche gescheitert, dass
Areal für eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zur Verfügung zu stellen.
Drei Knackpunkte spielten dabei eine Rolle: Der fehlende Kontakt zum
Grundstückseigner, die hohe Schadstoffbelastung im Boden der heutige
Industriebrache und die größere Entfernung zu einem Umspannwerk, um
letztlich Solarstrom ins Netz einspeisen zu können.
Investor will Lösungen der Probleme angehen
All diese Schwierigkeiten will nun eine bayrische
Projektentwicklungsgesellschaft lösen. Die Exico GmbH vertritt dabei die
Interessen der Investorengesellschaft Dr. Hack GmbH, die später das
Vorhaben realisieren will. Alexander Wachter, Geschäftsführer der Exico
GmbH, erklärt den Weißwasseraner Stadträten, dass sein Unternehmen
bereits Erfahrung mit der Nutzung ähnlicher Flächen habe. „Wir wissen,
worauf wir uns einlassen“, so Wachter. Dabei verweist er auf ähnliche
Projekte in ganz Deutschland, hebt darauf ab, „dass Geld für Projekte
vorhanden ist, aber es schlicht zu wenig grüne Projekte gibt“.
Skeptisch zeigt sich zunächst Hans-Eckhard Rudoba (Linke), der auf Gifte
und Schadstoffe im Boden verweist. Diese würden auch beim Aufstellen der
Anlage dort verbleiben. „Und wir sollten zunächst die Kosten für die
Stadt erhalten, bevor wir über etwas anderes sprechen“, so Rudoba.
Alexander Wachter entgegnet, dass es bereits eine Vereinbarung mit dem
Grundstückseigner gibt, das rund acht Hektar große Areal zu kaufen. Von
dessen Kaufpreis würde dann die Summe abgezogen und der Stadt
überwiesen, die letzte Eigentümer schuldig blieb. Es handelt sich nach
Rundschau-Informationen um rund 1000 Euro.
Und: „Wir behandeln heute die grundsätzliche Position der Stadt, also ob
an diesem Standort eine PV-Anlage für uns denkbar wäre oder nicht“,
argumentiert Torsten Pötzsch. Es gebe auch andere Optionen, etwa die
gute Lage des Geländes für Gewerbeansiedlungen zu nutzen. „Mit Mitteln
des Strukturwandels, einer Förderung für die Altlastensanierung und
einer Entwicklungsstrategie für das Gelände sind mehrere Szenarien
denkbar“, so Torsten Pötzsch.
Fläche der Bärenhütte ist prädestinierte Solarfläche
Für Alexander Wachter jedenfalls steht fest: „Es ist eine typische
Fläche, die mit dem Erneuerbaren Energien Gesetz und somit mit einer
PV-Anlage besetzt werden kann“, erklärt Wachter. Schließlich würde die
Stromgewinnung binnen kurzer Zeit die Investitionskosten herein spielen
und „Gewerbesteuern in die Stadtkasse fließen“. Bernd Frommelt (KJiK)
interessiert, ob die „Kontaminierung des Bodens mit dem Vorhaben
bestehen bliebt“. Der Entwickler entgegnet, dass „natürlich Abfälle auf
dem Gelände beseitigt und alle Auflagen der Behörden erfüllt werden
müssen“, allerdings „können wir nicht den gesamten Boden abtragen und
neuen aufbringen, das ist finanziell nicht darstellbar.“ Ferner glaubt
Wachter auch nicht, „dass so, wie es derzeit ist, dort etwas gebaut
werden kann“.
Während sich Jens Glasewald (AfD) bei Alexander Wachter für sein
Engagement „nur bedanken kann“, wünscht sich Timo Schutza (Klartext),
„dass Anwohner in dem Prozess beteiligt werden sollen“. Das wünscht sich
auch der Oberbürgermeister. Gleichzeitig schlägt Schutza vor, mit den
Weißwasseraner Wohnungsunternehmen ein Treffen zu vereinbaren, „und die
vielen Dachflächen mit PV-Anlagen zu belegen und so eine
Beteiligungsmöglichkeit für unsere Bürger zu schaffen“. Dem stehe
Wachter offen gegenüber. Und: „Wir können nicht einfach etwas irgendwo
hinbauen.“ Der Projektentwickler verweist auf ein Bebauungsplan, der
zuvor aufgestellt werden muss. In diesem Verfahren wiederum werden alle
Institutionen, Behörden und Bürger die Möglichkeit, auf das Projekt
Einfluss zu nehmen.
Bebauungsplan kann nun aufgestellt werden
Kathrin Jung (SPD) erfragt, ob die Dienstleistungen, etwa die Wartung
der Anlage, vor Ort bleiben könne. „Das kann in einem städtebaulichen
Vertrag geregelt werden. Wenn ich Sie wäre, würde ich vieles darin
regeln, damit am Ende beide Seiten profitieren“, entgegnet Alexander
Wachter und versichert: „Natürlich nehmen wir die Bürger mit.“
„Es ist gut, dass Sie heute hier waren. Es sind alle Problemstellungen
benannt und ich denke, man kann dem zustimmen“, ergreift nochmals
Hans-Eckhard Rudoba das Wort. Mit einer Enthaltung von Petra Brünner
(Klartext) stimmt die Mehrheit des Rates für die Anfertigung des
Bebauungsplanes. „Ich finde es gut, dass Sie den Mut und die Kompetenz
haben, das anzugehen“, fasst es Jens Glasewald zusammen.
Geschichte der Bärenhütte
1884 gründeten die Glasmacher Carl Janke, Julius Gottlieb und Adolf
Müller die Glashüttenwerke Hirsch, Janke und Co. 1896 wurde der erste
Glasofen in der Bärenhütte gebaut. 1997 ging die Bärenhütte in
Insolvenz. Das Werk am Neuteichweg hat mehr als 100 Jahre
Bleikristallglas hergestellt. 2001 wurden Gebäude und Produktionsanlage
verkauft, da sich kein Interessent, der dort weiter Glas herstellen
wollte. Eine Baumanagement GmbH in Dresden riss 2006 die Gebäude ab, um
den Stahl zu verwerten. Mit nicht kontaminierten Schutt wurde die
Schadstoff-Deponie Philippine in Weißwasser verfüllt. Die Dresdner
verkauften das Areal danach an eine bulgarische Firma.
Quelle: Lausitzer
Rundschau, Ausgabe Weißwasser, vom 26. November 2020
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Auf dem
Gelände der ehemaligen Bärenhütte in Weißwasser könnte in Zukunft
eine Photovoltaikanlage stehen.
© Foto: J. Rehle |
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Alexander
Wachter, Geschäftsführer der Exico GmbH hat die Pläne der Investoren
im Weißwasseraner Stadtrat vorgestellt.
© Foto: Ch. Köhler
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Die
Bärenhütte 1994: Damals keimte Hoffnung auf, als ein neuer Investor,
das Unternehmen Peill & Putzler, ins Geschehen eingriffen.
© Foto: Glasmuseum |
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Die
Bärenhütte war nach der Insolvenz lange ein Trümmerfeld.
© Foto: Angelika Brinkop |
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