Strukturwandel:
Bergakademie Freiberg will nach Weißwasser
Für die Ansiedlung zweier Forschungseinrichtungen in Sachsen ist ein
Ideenwettbewerb ausgelobt worden. Weißwasser will partizipieren. Nur,
geht das überhaupt? Derweil hat die TU Bergakademie Freiberg Interesse
angemeldet, allerdings an einem anderen Vorhaben.
Von Christian Köhler
Zwei Einrichtungen mit
internationaler Strahlkraft sollen in Sachsen angesiedelt werden, die
„den Wissenschaftsstandort Deutschland weiter stärken und die
Kohlereviere Sachsens in die Zukunft führen“, schallt es aus Berlin.
Bund und Freistaat haben einen Wettbewerb ausgerufen für die Ansiedlung
zweier großen Forschungseinrichtungen – eine davon in der sächsischen
Lausitz. Den Startschuss haben Bundesforschungsministerin Anja Karliczek,
Ministerpräsident Michael Kretschmer und Sachsens Wissenschaftsminister
Sebastian Gemkow (alle CDU) am Dienstag vergangene Woche gegeben. Allein
durch die neuen Forschungszentren sollen insgesamt bis zu 3000 neue
Arbeitsplätze in den beiden Regionen geschaffen werden, so die
Ministerin. „Dafür stellen wir im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes
Kohleregionen gemeinsam mit dem Freistaat Sachsen pro Zentrum
langfristig jährlich bis zu 170 Millionen Euro zur Verfügung“, so Anja
Karliczek.
Weißwassers Oberbürgermeister will aktiv werden
In Weißwasser hat man den Start des Wettbewerbs wohlwollend zur Kenntnis
genommen. „Wir werden die Angelegenheit proaktiv angehen“, versichert
Weißwassers Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) auf Nachfrage
der Lausitzer Rundschau. Ins Detail wolle er nicht gehen, nur so viel:
„Ich werde nationale und internationale Kontakte nutzen. Eine Idee habe
ich schon“, sagt er. Ohnehin würden in Rathaus immer wieder Anfragen von
Forschungseinrichtungen und Instituten gelangen. „Es ist auch so, dass
manche Institute aus den größeren Städten wollen“, sagt Torsten Pötzsch.
Namen will der Rathauschef noch nicht nennen.
Ganz anders hingegen bei der TU Bergakademie Freiberg. „Wir haben seit
mehreren Monaten bereits intensive Gespräche geführt“, berichtet Torsten
Pötzsch. Gegenwärtig werde auch eine Studie erarbeitet, wie mit der TU
langfristig zusammengearbeitet werden kann. „Eine Untersuchung wird in
den kommenden Wochen angeschoben“, versichert der Oberbürgermeister.
Bergakademie Freiberg will Präsenz in Weißwasser vorantreiben
Ähnlich aufgeschlossen äußern sich schriftlich Vertreter aus Freiberg
gegenüber der RUNDSCHAU: „Mit der Stadt Weißwasser und anderen wichtigen
Institutionen, die sich mit der Zukunft in dieser Region beschäftigen,
sind wir im Gespräch darüber, wie wir unsere Präsenz in Weißwasser durch
direkte Vor-Ort-Angebote für potentielle Studierende,
fortbildungsinteressierte Mitarbeiter und die ortsansässige Wirtschaft
verstärken können.“ Schon seit Jahren bringe sich die Universität in die
Lausitz ein, das soll nun ausgebaut werden.
Wie aber könnte eine mögliche Außenstelle der TU in Weißwasser aussehen?
„Zu geeigneten Objekten möchte ich noch nichts sagen. So weit sind wir
noch nicht“, sagt Torsten Pötzsch. Aus Freiberg erklärt TU-Sprecherin
Luisa Rischer: „Wir können uns ein Angebot ähnlich des im vergangenen
Jahr ins Leben gerufenen Glas-Campus-Torgau in Weißwasser im Bereich der
Ressourcenwissenschaften vorstellen und treiben dieses Projekt voran.“
Involviert und verantwortlich für das Projekt in der Glasmacherstadt ist
Professor Carsten Drebenstedt, der aus Weißwasser stammt.
Torgau gibt Beispiel vor
In Torgau ist der TU ebenfalls eingebunden. Jener Campus war als
Sofortmaßnahme des Bundes für den Strukturwandel im Zusammenhang mit dem
Braunkohleausstieg initiiert worden. Der Glas-Campus ist eine gemeinsame
Initiative der mitteldeutschen Glas-, Keramik- und Baustoffwirtschaft
sowie des Landkreises Nordsachsen in Kooperation mit dem
Berufschulzentrum Torgau sowie der TU Freiberg. Praxisnahe, am Bedarf
der Unternehmen ausgerichtete Weiterbildungsangebote stehen im
Mittelpunkt des Qualifizierungskonzeptes für Mitarbeiter der Branche.
In Hoyerswerda ist man ebenfalls in Wartestellung. Zwar hatte jüngst der
neugewählte Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh (SPD) den Traum vom
IT-Campus am Scheibesee platzen lassen, trotzdem will er an einem
Uni-Campus in der Zusestadt festhalten – allerdings in der Innenstadt.
„Wir denken über einen kleinteiligen Bereich Hochschule nach“, so der
Verwaltungschef. Themen könnten dabei Medizin, IT und Wasserstofftechnik
sein. Um Studium und Forschung anbieten zu können, brauche es zunächst
die passenden Projekte in der Stadt, so Ruban-Zeh weiter. Diese seien in
Vorbereitung. Für einige Projekte würden demnächst Förderanträge
abgegeben, hieß es.
Ideenwettbewerb
In einem themenoffenen Verfahren sollen die besten Konzepte für die
Gründung der beiden neuen Großforschungszentren entwickelt und
ausgewählt werden. Der Wettbewerb baut in drei Stufen aufeinander auf:
1) Mit einem nationalen und internationalen Aufruf werden herausragende
Wissenschaftler dazu aufgefordert, Konzeptskizzen ihrer innovativen
Ideen für die Gründung der neuen Großforschungszentren einzureichen.
2) Aus den eingereichten Konzeptskizzen wählt eine Perspektivkommission
die Ideen aus, die zu begutachtungsfähigen Konzepten ausgearbeitet
werden sollen. Dafür erhalten diese Skizzen eine Förderung von bis zu
500 000 Euro.
3) Abschließend werden die Konzepte zur Gründung der Zentren ausgewählt.
Dabei sind die wissenschaftliche Exzellenz der Konzepte sowie der zu
erwartenden Beitrag zum Strukturwandel entscheidend.
Quelle: Lausitzer
Rundschau, Ausgabe Weißwasser, vom 29. November 2020
|
 |
Sachsens
Ministerpräsident Michael Kretschmer (v.l.), Wissenschaftsminister
Sebastian Gemkow und Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung
und Forschung, (alle CDU) bei der Vorstellung des Ideenwettbewerbs
„Wissen schafft Perspektiven für die Region?“ für zwei neue
Großforschungszentren in Sachsen.
© Foto: W. Kumm/dpa |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|